SW&G

Sasha Waltz & Guests wurde 1993 von Sasha Waltz und Jochen Sandig in Berlin gegründet. Bis heute haben zahlreiche Künstler*innen und Ensembles aus Architektur, Bildender Kunst, Choreographie, Film, Design, Literatur, Mode und Musik aus 30 Ländern in über 80 Produktionen, »Dialoge«-Projekten und Filmen als »Guests« mitgewirkt. Sasha Waltz & Guests arbeitet in einem internationalen und nationalen, sich ständig weiter entwickelnden Netz von Produktions- und Gastspielpartnern und zeigt aus dem derzeit 12 aktive Produktionen umfassenden Repertoire ca. 70 Vorstellungen pro Jahr. In Berlin kooperiert die Compagnie mit einer großen Bandbreite von Einrichtungen wie Stadttheatern, Opernhäusern und Museen und hat zur Gründung neuer Kulturinstitutionen beigetragen (Sophiensaele 1996, St. Elisabeth Kirche 2004, Radialsystem 2006).

2013 wurde die Compagnie zum »Kulturbotschafter der Europäischen Union« ernannt. 2014 ehrte der Fonds Darstellende Künste Sasha Waltz & Guests mit dem »george tabori ehrenpreis«.

Neben dem Berliner Spielbetrieb, nationalen wie internationalen Gastspielen und der Repertoirepflege ist Sasha Waltz & Guests auch sehr aktiv im Bereich »Education & Community« – ausgehend von der 2007 gegründeten Kindertanzcompany, der seit 2016 aktiven Plattform »ZUHÖREN – Dritter Raum für Kunst und Politik« und verschiedenen Angeboten im Bereich Wissenstransfer.

Die Arbeit und das Engagement der Compagnie lassen sich durch vier verschiedene Felder beschreiben:

(1) Künstlerische Forschung und Produktion in dialogischen Formaten mit Komponisten, Dirigenten, Bildenden Künstlern und Wissenschaftlern
(2) Vermittlung der künstlerischen Ergebnisse an ein vielfältiges und internationales Publikum in Berlin und auf Tourneen in der ganzen Welt
(3) Interkultureller Dialog, der durch die heterogene Zusammensetzung der Akteure mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen auf und hinter der Bühne zu erleben ist
(4) Förderung der nächsten Generation durch kontinuierliche „Education“- und Transferprojekte

Sasha Waltz & Guests wird gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

Vita Sasha Waltz

Sasha Waltz ist Choreographin, Tänzerin und Regisseurin. Nach ersten Studienjahren an der School for New Dance Development in Amsterdam schloss die gebürtige Karlsruherin sich der postmodern geprägten, im interdisziplinären Austausch arbeitenden New Yorker Tanzszene an. In den Jahren 1986 und 1987 tanzte sie in den Compagnien von Pooh Kaye, Yoshiko Chuma & School of Hard Knocks und Lisa Kraus & Dancers. Auf ihre Rückkehr nach Europa 1988 folgte eine intensive Zusammenarbeit mit Choreograph*innen, Bildenden Künstler*innen und Musiker*innen. Nach Berlin kam sie 1992 durch ein Stipendium des Künstlerhauses Bethanien, wo sie aus dem Geiste des interdisziplinären, internationalen Arbeitens heraus das Improvisationsformat »Dialoge« entwickelte. Sie erwählte die junge Hauptstadt zum Zentrum ihres Wirkens und praktizierte dort neue choreographische Arbeitsweisen in selbst aufgebauten Infrastrukturen. Zusammen mit Jochen Sandig gründete sie 1993 die Compagnie Sasha Waltz & Guests und 1996 die Sophiensæle als eine Spielstätte für den Tanz und mehr, die heute über Berlin hinaus ein Mittelpunkt der freien Szene ist. Von 2000-2004 war sie Mitglied der Leitung der Schaubühne am Lehniner Platz. Für die Spielzeit 2019/20 übernahm Sasha Waltz gemeinsam mit Johannes Öhman die Intendanz des Staatsballetts Berlin.

Während des ersten Jahrzehnts in Berlin schuf sie international maßgebliche Tanzstücke wie u.a. die Trilogien »Travelogue«, »Körper« und die immersive Tanzinstallation »insideout«. In den darauffolgenden Jahren befasste sie sich mit der Mobilisierung des zeitgenössischen Tanzes für belebende und forschende Zugänge zu historischen und neuen Opern und Balletten. Mit »Dido & Aeneas« (2005), »Medea« (2007) und »Matsukaze« (2011) behandelte sie drei Werke über Frauen und prägte dabei das Genre der choreographischen Oper. 2007 inszenierte sie außerdem für die Opéra national de Paris »Romeo et Juliette« zur dramatischen Sinfonie von Hector Berlioz. Es folgten 2013 »Sacre« zur Musik Strawinskys im Auftrag des Mariinsky Theaters St. Petersburg und 2014 »Tannhäuser« in der Berliner Staatsoper unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim. Parallel engagierte Sasha Waltz sich für den Transfer tänzerischen Wissens und den Tanz als Medium der sozialen und gesellschaftspolitischen Verständigung. Im Zuge dessen initiierte sie 2007 in Berlin die »Kindertanzcompany« und choreographierte 2012 auf Einladung der Berliner Philharmoniker mit über 100 Schüler*innen Schtschedrins Carmen-Suite. 2016 entwickelte sie das neue Format »ZUHÖREN« und eröffnete damit einen »dritten Raum« für Kunst und Politik. Das »Dialoge«-Konzept erweiterte sie um tänzerische Verhandlungen von Architektur, in denen das Publikum als gleichwertiger Teil des choreographischen Geschehens agiert. Zu diesen gehören »Dialoge 99/II« im damals noch leeren Neubau des Jüdischen Museums von Daniel Libeskind, »Dialoge 09« in den noch leeren Räumen des unter der Leitung von David Chipperfield wieder aufgebauten Neuen Museums in Berlin (2009) und die choreographische Installation »Figure humaine« zur Einweihung der Elbphilharmonie (2017). In ihrer gegenwärtigen choreographischen Arbeit konzentriert Waltz sich auf die Verdichtung kollaborativer Prozesse, wie die synchrone Entwicklung von Choreographie und Musik. In Zusammenarbeit mit Soundwalk Collective und der Designerin Iris van Herpen (u.a.) entstand 2017 die Choreographie »Kreatur«, im Sommer 2018 folgte ihre Arbeit »Exodos« (beide im Berliner Radialsystem), im Frühjahr 2019 feierte die Produktion »rauschen« an der Volksbühne Berlin Premiere. Im März 2022 kam »SYM-PHONIE MMXX«, ein Werk für Tanz, Licht und Orchester von Sasha Waltz und Georg Friedrich Haas an der Staatsoper Unter den Linden zur Uraufführung.

Den besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie begegnete Sasha Waltz 2020/21 mit unterschiedlichen Projekten sowohl im digitalen Raum wie auch live vor Publikum: Es entstand ein digitales »Tanztagebuch« auf YouTube, der Open-Air-Abend »Dialoge 2020 – Relevante Systeme«, in dessen Rahmen eine Choreographie zu Maurice Ravels »Boléro« sowie Soli zu Georg Friedrich Haas‘ »I can’t breathe« zur Uraufführung kamen sowie eine Reihe von Improvisationen im Livestream aus dem Radialsystem unter dem Titel »Dialoge 2020 – Relevante Systeme II«. Im Jahr 2021 entwickelte Sasha Waltz ihre aktuelle Arbeit »In C« basierend auf Terry Rileys gleichnamiger revolutionärer und offener Komposition. »In C« feierte Im März 2021 in einem Livestream aus dem Radialsystem Berlin digitale Uraufführung, bevor es im Sommer bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen zum ersten Mal live vor Publikum zu erleben war.  Im Sommer 2021 entstand eine Choreographie zu Beethovens 7. Symphonie, gespielt von musicAeterna unter dem Dirigat von Teodor Currentzis, die im Rahmen des Beethoven-Tags auf ARTE in den Ruinen des Apollotempels in Delphi zur Uraufführung kam.

Für ihre besonderen Leistungen erhielt die Choreographin 2011 das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Seit Juni 2013 ist sie Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Im Jahr 2021 wurde Sasha Waltz vom französischen Kulturministerium zum »Commandeur de l’ordre des Arts et des Lettres« ernannt.